In dieser Woche ging es in unserer Fortbildung „Lebendige Moselweinberge – Artenvielfalt im Steillagenweinbau“ um die Weinbergschnecke, Amphibien, Reptilien und die Vogelwelt. Dieses, für drei Stunden, wirklich umfangreiche Programm lässt sich nicht mehr auf 2 Seiten zusammenfassen. Deshalb beschreibe ich hier nur die wirklich für den Weinberg typischen Tiere näher. Für mich und unsere Arbeit in den Weinbergen war dieser Abend von besonderer Wichtigkeit. Wir haben unsere Steillagen von Hand auf Querterrassen mit dem vorhandenen Material umgestellt. Wir haben eingesät um Tieren Nahrung zu verschaffen, den Boden teilweise neu aufzubauen um Erosion zu verhindern und Lebensräume zu schaffen. Was wir ansonsten noch tun können um Lebensräume zu schaffen und Artenvielfalt im Weinberg erlebbar zu machen, das sollte dieser Abend für mich bringen.
Die Weinbergschnecke
gehört zu den Landlungenschnecken und ist geschützt. Sie ist zwar zwittrig, also Männchen und Weibchen in einem Tier, benötigt aber dennoch einen Partner, wobei sich von Mal zu Mal entscheidet, wer gerade als was fungiert. Dies hilft die Wahrscheinlichkeit auf einen Partner zu treffen zu erhöhen und sorgt dennoch für eine Selektion des Genmaterials, was für die Anpassung an sich verändernde Lebensräume unerlässlich ist. Auch wenn sie Weinbergschnecke heißt, so ist sie nicht auf diesen Lebensraum beschränkt, erklärte uns Dr. Ulrich Schulte. Man findet sie auch in lichten Wäldern und Offenlebensräumen auf kalkhaltigen Böden. Den Kalk benötigt sie nicht nur für ihr Haus und die Eier sondern auch für einen Kalkdeckel, den sie ausbildet, sobald die Gefahr der Austrocknung droht. Die Aufnahme des Kalkes erfolgt dabei über die Fußsohle der Schnecke. Für die Winzer ist die Weinbergschnecke ein Nützling, da sie die Eier der ungeliebten Nacktschnecken frisst.
Amphibien
Zu den heimischen Amphibien gehören 14 Arten von Froschlurchen, wovon in Weinbergen gelegentlich die Erdkröte, die Wechselkröte, die Kreuzkröte und der Springfrosch angetroffen werden.
Für die Erdkröte und den Grasfrosch werden die bekannten Krötenzäune errichtet um die Tiere bei ihrer jährlichen Wanderung im Februar – März zu schützen. Das funktioniert, weil die Wanderwege immer gleich bleiben, da die Tiere in jedem Jahr an die Stelle zurück kehren, an der sie selber einst aus dem Wasser gekommen sind.
Von den sechs Schwanzlurcharten findet man gelegentlich den Feuersalamander oder den Bergmolch in Weinbergen. Frösche – wie Schwanzlurche brauchen dynamische- sich verändernde Lebensräume, mit zumindest zeitweise gegebenen Kleinst – Kleingewässern, wie z.B. eine ausgefahrene Fahrzeugspur, die sich mit Wasser füllen kann in den Weinbergen oder an den Randgebieten.

Reptilien
Von den 6 heimischen Schlangenarten finden sich an der Mosel die Ringelnatter, die Würfelnatter und die Schlingnatter, wobei die Schlingnatter als Charakterart der Weinberge gilt. Erkennungszeichen für die Nattern sind die runden Pupillen, für die Schlingnatter zudem ihre individuelle Kopfzeichnung und die Ortstreue. Schafft man es den Kopf zu fotografieren, weiß man immer mit welcher Schlingnatter man
es zu tun hat und mit max. 2 ha belegt sie ein überschaubares Revier. 30% aller Schlingnatterreviere finden sich in den wärmebegünstigten Weinbergen oder Weinbergsbrachen im SW Deutschlands. Insbesondere die Trockenmauern sind beliebte Sonn – und Rückzugsbereiche. Durch ihre Färbung ist die Schlingnatter hier besonders gut getarnt, ihre versteckte Lebensweise an sich trägt dann noch weiter dazu bei, dass die Schlingnatter als die unbekannteste heimische Schlange und als gefährdet gilt.
Die ursprünglichen Lebensräume der Reptilien waren besonnte Flussufer mit Kiesbänken oder Felsabbruchkanten, also wie schon bei den Amphibien die dynamischen Lebensräume.
Echsen
Von den 6 heimischen Echsenarten finden sich gelegentlich Blindschleichen, die westliche Smaragdeidechse, die Zauneidechse und die Mauereidechse. Die Mauereidechse ist als Charakterart der Weinberge anzusehen. Auch bei der Mauereidechse ist der Lebensraum zu 30% in den Trockenmauern oder Steinhaufen der Weinberge oder Weinbergsbrachen zu finden. Die Trockenmauern dienen als Versteck, als Winterquartier und als Eiablageplätze. Schlupftermin für die Jungen ist je nach Außentemperatur Juni- August. Bei Temperaturen um die 24 Grad braucht es mehr als 70 Tage, bei Temperaturen von 34 Grad sind es keine 30 Tage mehr.
Die Mauereidechse hat als Erkennungsmerkmal als einzige heimische Echse ein glattrandiges Halsband. Sie ist sehr flink und ein guter Kletterer. Über die sogenannten Femoralporen an ihrer Längsseite sondern die Männchen Steroide ab, die der Revierabgrenzung dienen und den Weibchen signalisieren, dass hier ein fitter und potenter Partner zu finden ist, was dieser auch noch durch eine intensive Färbung unterstreicht. Als einzige heimische Art bleibt die Mauereidechse auch im Winter aktiv. Dazu braucht es nur wenig über 0 Grad mit intensiver Sonneinstrahlung. Das Parietalauge in der Mitte des Oberkopfes hilft ihr wohl dabei aus ihrem Winterquartier heraus diese Schönwetterphasen zu erkennen. Außerdem hilft es wohl auch bei der Flucht vor Fressfeinden, die sich aus der Luft nähern.
Was macht Echsen noch besonders?
Sicher ihr Verteidigungsverhalten. Sie nutzen den Mechanismus der Autotomie. Bei akuter Gefahr sind sie in der Lage ihren Schwanz an einer dafür vorgesehenen Stelle – einer Sollbruchstelle – durch Muskelkraft abzuwerfen und dadurch zu entkommen. Innerhalb von 2 Monaten ist der Schwanz zwar nachgewachsen, kann ein weiteres Mal jedoch nur noch oberhalb der alten Bruchstelle abgeworfen werden.
Außerdem werden die Echsen von Zecken besiedelt, dienen selber aber nicht als Wirt, was für die Zecken und die Borrelienübertragung zur Sackgasse für weitere Infektionen wird.
Insgesamt lieben Echsen wie Schlangen Strukturvielfalt, wie sie in Weinbergsbrachen zu finden sind, mit Totholz, Rebhölzern und Krautsäumen.
Im 2. Teil des Abends brachte uns Dr. Weitz die heimische Vogelwelt auf unterhaltsame Art näher. Um als guter Vogelbeobachter unterwegs zu sein braucht es ein gutes Auge – unterstützt von einem Fernglas, ein Bestimmungsbuch und ein Notizbuch um alle Beobachtungen festzuhalten. Und natürlich ein gutes Ohr, denn eher hört man den Vogel als man ihn sieht – zumindest bei den Singvögeln J Die Vögel sind meist flink und geben dem Anfänger nicht die Zeit sie ausgiebig zu studieren. An der Mosel sind immerhin 150 Arten aus 23 Familien zu Hause, die man akustisch u/o optisch auseinander zu halten lernen kann. In Deutschland sind es dann schon 450 Arten und für den Fortgeschrittenen bieten weltweit rund 9600 Arten ein weites Betätigungsfeld.

Auch hier werde ich mich auf die in Weinbergen und Weinbergsbrachen anzutreffenden Vertreter der Vogelwelt beschränken.
Vögel sind grundsätzlich erst einmal Spezialisten, die an ihren Lebensraum angepasst sind. So haben Körnerfresser eher runde Schnäbel, Insektenfresser eher spitze Schnäbel. Höhlenbrüter haben weiße Eier, da sie nicht der Umgebung entsprechend angepasst eingefärbt und gezeichnet zu sein brauchen, wie z.B. bei den Rohrsängern mit ihren an das Schilf angepassten Eiern. Diese Nester werden aber z.B. bevorzugt vom Kuckuck untergemietet.
Neben Buchfink, Star und Drossel sind als moseltypisch der Bluthänfling und die Zippammer zu nennen
Der Bluthänfling
ist etwas kleiner als der Spatz – Haussperling , ist langschwänzig und schlank. Seinen Namen hat er von der Rotfärbung der Männchen auf Stirn und Brust. Von den Winzern wird er auch Stockfink genannt, da er gerne in den Weinstöcken sein Nest baut. Er mag die sonnigen, offenen Flächen mit krautigem Aufwuchs aus der er die Sämereien als Nahrung bezieht.
Die Zippammer
ist in keiner Weinbergslage wirklich häufig, bevorzugt aber die trockenen und warmen, nach Süden ausgerichteten Weinbergslagen mit Trockenmauern, einzelnen Büschen und bewachsenen Felsköpfen. Durch groß angelegte Flurbereinigungsverfahren fallen strukturreiche Weinbergslagen weg und damit Lebensräume für die Zippammer. Die Zippammer ernährt sich selber von Sämereien und Insekten, ihre Jungtiere zieht sie nur mit proteinhaltiger tierischer Nahrung auf.
Dorngrasmücke und Neuntöter
finden sich in frisch aufgelassenen Weinbergen, die noch nicht zu stark verbuscht oder schon mit Bäumen besetzt sind. Beide ernähren sich von Insekten, der Neuntöter legt mit seiner Beute auch noch Vorräte an in dem er den Fang auf Dornen aufspießt. Er wagt sich allerdings auch schon an Feldmäuse heran.
Der Girlitz
mag die Sämereien von Kräutern und Stauden, wie sie sich in Ortsrandlagen beim Übergang zu den Weinbergen finden. Ihn zeichnet sein kleiner Schnabel mit dem großen Kopf aus.
Der Grünspecht
ist der Specht unter den Weinbergsvertretern. Er sucht seine Nahrung am Boden – vorzugsweise Ameisen und nutzt die Weinbergspfähle als Abflughilfe in dem er an ihnen hochklettert.
Die Mönchsgrasmücke
als weiterer Vertreter der Grasmücken bevorzugt zwar Halbschatten, der immergrüne Efeu, der an vielen Felsen und Felsvorsprüngen zu finden ist, wird von ihr aber gerne angenommen. Sicher nicht zuletzt weil sich dort die bevorzugte Nahrung – Spinnen und Insekten aufhalten.
Raubvögel
Für Nahrung aus dem Weinberg – Mauereidechse, Insekten und Kleinsäugetiere interessieren sich unter den Raubvögeln an der Mosel der schwarze Milan als weltweit häufigster Greifvogel sowie der Turmfalke und der Mäusebussard, die beide schon wieder an der Mosel unterwegs sind. Sie gehören fest ins Bild der Weinbergslagen.

Für die Artenvielfalt braucht es also Lebensräume, die in früheren Zeiten natürlich vorhanden waren. Viele Tiere haben sich heute angepasst an die vom Menschen geschaffenen Kulturlandschaften. Aber immer da, wo Vielfältigkeit in der Vegetation und in der Struktur der Landschaft besteht finden unterschiedlichste Tiere Lebensraum und ziehen dadurch weitere nach, auf jeden Fall schon mal Ihre Fressfeinde. Die Kulturlandschaft Mosel bietet mit ihren Felsvorsprüngen und Trockenmauern immer noch einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen Schutz und Lebensraum. Die Aufgabe besteht darin diese besonderen Lebensräume zu entdecken und zu erhalten und wo immer möglich auszudehnen.
In der kommenden Woche geht es tierisch betrachtet in der Nahrungskette rückwärts mit den Insekten und speziell dann auch noch um die Schönheiten unter ihnen, die Schmetterlinge.
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